Die Mär vom angeblich umweltfreundlichen Wasserstoff-Antrieb hält sich hartnäckig.
Wenn man da nur flüchtig hinschaut, scheint Wasserstoff als Kraftstoff ja auch bestechende Vorteile zu bieten.
- „Oh, da kommt ja nur Wasser raus!”
- „Oh, man kann ein Wasserstoffauto in 5 Minuten betanken!”
- „Oh, ein Wasserstoffauto hat 400-500km Reichweite!”
Ich habe ja vor über einem Jahr schonmal einen Beitrag „Brennstoffzellen für Autos?” geschrieben, in dem ich relativ ausführlich auf die Problematik eingegangen bin. Daher werde ich mich heute kürzer fassen. Vor allem aber will ich nochmal die wichtigste Frage stellen, nämlich die, die verblüffenderweise fast nie gestellt wird:
Woher kommt der Wasserstoff?
So viele Möglichkeiten gibt es da nämlich nicht, eigentlich sind es nur zwei:
- Wasserstoff wird per Dampfreformierung aus Erdgas (Methan) gewonnen.
- Wasserstoff wird per Elektrolyse aus (sauberem!) Wasser erzeugt.
Bei Methode 1 fällt genausoviel CO2 an wie bei der direkten Verbrennung des Methans. Keine wirklich gute Idee, wenn man Wasserstoff als klimafreundlichen Kraftstoff etablieren will. Da ist es technologisch erheblich einfacher, das Methan in Ottomotoren direkt zu verbrennen.
Methode 2 ist extrem energieintensiv: Für die Elektrolyse braucht man jede Menge elektrischen Strom. Also sind die nächsten wichtigen Fragen:
Woher kommt der Strom? Wieviel Strom braucht man? Wie effizient wird der Strom genutzt?
Weil die Wasserstofftechnologie viele technische Zwischenschritte erfordert, die bestenfalls jeweils einen Wirkungsgrad von 50-60% bei der Energieumwandlung aufweisen, fällt der Gesamtwirkungsgrad (als Produkt der Wirkungsgrade aller Teilprozesse) auf skandalöse 10-13%. Das heißt: von 100% eingesetzter Primärenergie gehen rund 90% verloren, bevor sie in Wasserstoffautos letztlich als Bewegungsenergie zur Verfügung steht.
90% Energieverschwendung kann ja trotzdem sinnvoll sein, wenn man dadurch klima- und gesundheitsschädliche Emissionen vermeidet – aber nur unter der Voraussetzung, dass saubere(!) Primärenergie im Überfluss zur Verfügung steht.
Steht sie das? Nein, und noch lange nicht.
Erst bei 100% umweltneutraler, erneuerbarer Energieerzeugung ohne fossile und radioaktive Energieträger und wenn man dann noch mehr Elektroenergie erzeugt als man verbraucht, kann man mal anfangen, darüber nachzudenken, was man mit der überschüssigen Energie noch alles anfangen könnte, statt sie ungenutzt zu lassen. Das wäre dann der Zeitpunkt für Wasserstoff als Kraftstoff im Mobilitätssektor. Aber dann ist diese Technologie längst obsolet.
Elektroautos sind besser
Bis wir im Überfluss erneuerbarer Energien schwelgen, ist es viel klüger, da um Größenordnungen effizienter (und damit umweltfreundlicher), Elektroenergie in Akkus zu speichern und in reinen Elektroautos in Mobilität umzusetzen. Es ist viel effizienter, es ist viel billiger, es ist technologisch viel einfacher umzusetzen. Nicht zuletzt die Kosten für die erforderliche Infrastruktur (Ladestationen) sind geradezu lächerlich gering im Vergleich zu der für Wasserstoffautos. Und 400-500km Reichweite haben wir bei preislich vergleichbaren Elektroautos längst zur Verfügung.
Bevor es soweit ist, dass wir 100% unserer Energie aus erneuerbaren Quellen produzieren, ist jede Energieverschwendung klimafeindlich. Eine Technologie wie den Wasserstoffantrieb, die 90% Energie verschwendet, ernsthaft als umweltfreundlich etablieren zu wollen, ist ein Skandal, der den Vergleich mit dem Abgasbetrug von VW nicht zu scheuen braucht.
Zum Weiterlesen:
- Vergleich Voll-Elektroauto zu Brennstoffzellen-Elektroantrieb
- Emissionen von Wasserstofffahrzeugen (Studie des österreichischen Umweltbundesamtes)
- Wasserstoff löst keine Energieprobleme (Ulf Bossel, Ph.D.)
- Quo Vadis Brennstoffzelle? (Frank Wunderlich-Pfeiffer auf scienceblogs.de)