Emissionen

02.11.2014

Regelmäßig tönt es mir in Diskussionen entgegen: E-Autos schön und gut – aber der Strommix! E-Autos sind hierzulande ja gar nicht sauber, weil doch der Strommix in Deutschland Kohle- und Atomstrom enthält!

Weil ich diese seltsame Argumentation immer wieder höre, will ich an dieser Stelle nochmal deutlich machen:

Elektroautos verursachen ab „Zapfsäule” (also Steckdose) genau Null Emissionen. Nichts. Kein CO2, keinen Feinstaub, keine PAK, keinen Ruß, kein NOx, keine Schwermetalle und was es da sonst noch geben mag. Und ich frage meinen Gesprächspartner dann: Kann Ihr Benziner oder Diesel das auch?

Fair vergleichen bitte!

Die Emissionsangaben für Verbrennungsmotoren beziehen sich immer auf „ab Zapfsäule” – warum soll dann im Vergleich für E-Autos plötzlich ein anderer Bezugsrahmen gelten? Oder wenn, dann doch bitte für beide. Dann bitte bei Verbrennungsmotoren die ganze Vorkette der Erdölwirtschaft (Erschließung, Förderung, Transport, Kraftstoffherstellung in Raffinerien, Distribution, Lagerung etc.) mit in die Bilanz einbeziehen! Das wird seltsamerweise immer komplett ausgeblendet. Aber Benzin kommt eben nicht aus der Zapfsäule, genau so wenig, wie Strom aus der Steckdose kommt.

Wie bereits an anderer Stelle beschrieben, könnte man nur mit der Energiemenge, die allein schon für die Herstellung von Benzin verbraucht wird, sparsame Elektroautos betreiben.

Strommix

Die meisten E-Autofahrer, die ich kenne, beziehen entweder Ökostrom oder laden ihre Elektroautos sogar an der eigenen Photovoltaikanlage auf.

Aber ja, es gibt auch Leute, die ihre EVs mit dem ganz normalen Strommix laden. Abgesehen davon, dass sie dann immer noch lokal emissionsfrei fahren, kann man unter Berücksichtigung des Kohle- und Gas-Anteils bei der Erzeugung tatsächlich sagen, dass pro km soundsoviel g CO2 anfallen. (Immer noch um Größenordnungen besser als die Gesamtbilanz der Verbrenner, versteht sich.)

Die Schlussfolgerung daraus kann aber nur lauten: Dann muss der Strommix eben besser werden! Die Dreckschleudern müssen weg, die Erneuerbaren Energien weiter vernünftig ausgebaut und gefördert werden.

Nur so wird ein Schuh draus. E-Autos sind die bessere Lösung: viel effizienter, sauber, leise. Unsere Städte könnten allesamt Kurorte sein.

Körperverletzung

26.10.2014

Fiktive Anekdote

Ich baue mir eine Kiste zusammen. Da schütte ich eine giftige und krebserregende Substanz hinein, zünde diese an und ziehe damit durch die Straßen.

Nicht sehr lange.

– Lalü lala! Was machen Sie hier – sind Sie verrückt!?

– Wer, ich? Wieso? Achso! Hab ja was ganz Wichtiges vergessen! Moment… (Klapper, rumor, bohr, schraub, schnauf.) Die Räder! Bitteschön: Jetzt isses ein Auto!

– Ähm, ja dann…

Zweierlei Maß

Wir messen mit zweierlei Maß. Penibel achten wir z.B. auf Asbest, entsorgen mit Millionenaufwand ganze Paläste, wenn es sein muss, aber hauen uns täglich die Benzindämpfe und die Abgase in die Lungen, als gäbe es keine Alternativen.

Wie, das ist normal? Warum, weil es praktisch alle machen? Millionen Fliegen können nicht irren? Wie schräg ist eigentlich unsere Wahrnehmung?

Treten wir mal einen Schritt zurück und betrachten die Sache mit etwas Abstand.

Was sehe ich da am Blickfeldrand? Das Strafgesetzbuch. Na sowas. Schaun mer mal rein.

§ 223 StGB: Körperverletzung

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(Quelle)

Wikipedia führt dazu aus:

Eine Körperverletzung ist der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit einer Person in Form einer körperlichen Misshandlung oder einer Gesundheitsschädigung.
[…]
Als Gesundheitsschädigung gilt das Hervorrufen oder Steigern eines pathologischen, also vom normalen Funktionieren des Körpers abweichenden, Zustandes, auch wenn er nur vorübergehend ist.
[…]
eine Gesundheitsschädigung kann sich z. B. aus einer Verunreinigung von Wasser oder Luft durch Giftstoffe oder durch Beibringen eines gesundheitsschädlichen Stoffes ergeben.

Kann man das missverstehen? Tatbestand erfüllt Euer Ehren. Von Ausnahmen für Verbrennungsmotoren steht da nichts.

Das Betreiben von
Verbrennungsmotoren
fügt Ihnen und den Menschen
in Ihrer Umgebung
erheblichen Schaden zu.

Ja ich weiß, ich bin gerade ganz weit draußen.

Ich möchte niemanden kriminalisieren, das wäre auch lächerlich. Aber dieses Beispiel zeigt sehr schön unsere selektive Wahrnehmung und unsere Schizophrenie. Wir geben uns Regeln, gar Gesetze – und wenden sie dann nur sehr selektiv an.

Wenn jeder jedem jeden Tag mit’m Knüppel auf’n Kopp hauen würde, würde das wohl auch als normal empfunden und nicht mehr belangt werden.

Also darf jeder allen anderen seine stinkende Abgaswolke in die Lungen und seinen Motorenlärm in die Ohren hauen. Aber ist das nicht eigentlich vollkommen irre?

Höchste Zeit, dass sich das ändert.

Nachtrag September 2015: Dieser Artikel inspirierte klimarelevant.de zu der sehr schönen Glosse „Deutschland: Es ist geschafft – Alle Städte Deutschlands erfüllen den Standard »Luftkurort«”.

Harz-Tour

08.09.2014

Der Harz. Kleinod der Mittelgebirge. Meine Heimat. 🙂

Bis vor kurzem eine einzige große Ladewüste mit nur ganz wenigen Oasen mit nur kleinen Brunnen: 11kW in Goslar, 11kW in Osterode. Nicht wirklich tourentauglich, wenn man nach der Anreise nicht erstmal drei Stunden mit Laden verbringen will.

Während der Ostharz anscheinend das touristische Potenzial der Elektromobilität verpennt, regt sich aber nun was im Westharz: HarzEnergie hat gerade eine 22kW-Ladestation am Parkplatz Torfhaus errichtet. Die will ich mir anschauen und das gleich mit einem Verwandtenbesuch in Elbingerode (Harz) verbinden.

Hannover – Harz (bislang)

Die ersten paar Monate, als ich die ZOE neu hatte, bin ich gar nicht mit ihr in den Harz gefahren: Hin & zurück ist die Strecke ohne Zwischenladung zu lang und ohne Schnellladung mit mindestens 22kW vor Ort wird das an nur einem Tag sehr langwierig.

Dann kaufte sich Nik aus dem GoingElectric-Forum, der am nördlichen Harzrand wohnt, eine ZOE und installierte bei sich zu Hause eine 22kW-Ladestation. Diese stellt er privat Durchreisenden, die er kennt, zur Verfügung. Damit wurde er sofort für alle aus nördlicher Richtung kommenden E-Fahrer/innen das elektromobile Tor zum Harz. 🙂

Von mir zu Hause bis zu ihm sind es ca. 96 km. Das ist auch im Winter mit der ZOE locker zu schaffen. Dann dort ein knappes Stündchen aufladen reicht für weiter rein in den Harz, die benötigten Wege im Harz und den Rückweg bis zur Ladestation in Wolfenbüttel. Da nochmal nachgeladen komme ich dann entspannt bis nach Hause.

Torfhaus testen

Nun mit einer 22kW-Ladestation am Parkplatz Torfhaus wird der Harz schlagartig nochmal ganz anders elektrisch erreichbar und befahrbar.

Von mir zu Hause bis Torfhaus sind es knapp 130 km. Im Flachland würde ich das locker ohne Zwischenladung schaffen. Aber es sind über 700 Höhenmeter zu erklimmen. Das wird in einem Rutsch leider nicht gehen. Aber vielleicht reicht ja eine kurze Zwischenladung?

Ich muss da auf jeden Fall erstmal rauf und testen, was oben noch so im Akku übrig ist.

Tourenplanung

Ich beschließe, mich dem Harz und speziell Torfhaus von Westen her zu nähern. Dann kann ich nämlich gleich mal ohne allzu großen Umweg die ebenfalls erst kürzlich errichtete Kombiladestation in Einbeck in Augenschein nehmen und dort zwischenladen.

Von Einbeck aus dann über Bad Gandersheim und Clausthal-Zellerfeld hoch zur Ladestation Torfhaus, während des Ladens schön mit meiner Hündin spazieren gehen, danach zu meinen Verwandten in Elbingerode (Harz) und von dort aus abends über Wolfenbüttel wieder nach Hause.

Geplant, getan. Am Samstag, dem 6. September 2014 mache ich mich auf.

Hannover – Einbeck

Ich fahre über die B3, was sich als ungünstig herausstellt: Eine baustellenbedingte Umleitung nach der anderen macht die Fahrt länger als veranschlagt. Aber ich habe ja Zeit. 🙂

Gegen zwanzig vor Zehn erreiche ich den PS.Speicher in Einbeck. Die Kombiladestation fällt sofort ins Auge:

Elektroladestation Einbeck

Auffällig ausgeschildert, großer Parkplatz, alles frei – super.

Sooo müssen Ladestationen: AC, CHAdeMO und CSS bedienen alle gängigen Standards. Klar, die Leistung dürfte ruhig noch größer sein. Insbesondere für die DC-Fraktion wäre das Doppelte gerade richtig, und meine ZOE hätte auch nichts gegen eine Verdopplung der Ladeleistung einzuwenden.

Ich muss nichts freischalten, der Strom ist kostenlos (vielen Dank dafür) – ich wähle am Touchscreen der Ladestation die passende Elektronahrung für die ZOE (22kW AC),

Lademenü Einbeck

verbinde sie mit dem passenden Stecker der Ladestation (sehr bequem, da ich mein eigenes Ladekabel nicht erst auspacken muss)

Einbeck Ladestecker

und die Ladung beginnt.

ZOE startet um 9:40 Uhr bei 47% SOC und veranschlagt 40 Minuten Ladedauer. Ich laufe derweil eine Runde mit meiner Hündin.

Laden in Einbeck

Einbeck – Torfhaus

Dann kommt der spannende Teil. Um 10:17 beende ich die Ladung bei 99% und auf geht’s Richtung Torfhaus. Hier die Strecke:

Strecke Einbeck-Torfhaus

Rund 723 Höhenmeter auf ungefähr 75 km Strecke. Angenehm zu fahren, das Wetter ist schön, die Landschaft ein Traum. Um 11:40 Uhr bin ich oben.

Fahrprofil Einbeck-Torfhaus

Bei Ankunft zeigt die ZOE eine Restreichweite von 66 km an:

Display: Restreichweite am Torfhaus

Bei Ladebeginn sehe ich auch den SOC: 48% (siehe Ladeprotokoll weiter unten). Nicht schlecht für die erklommene Höhe.

Die Ladesäule lässt sich unkompliziert mit einer beliebigen RFID-Karte (alternativ: neuester Personalausweis) freischalten. Der Ökostrom ist derzeit kostenlos (sponsored by HarzEnergie). Vielen Dank dafür!

Während ZOE lädt, drehen wir wieder eine schöne Hunderunde.

Laden am Torfhaus

Leider hängen am Torfhaus die Wolken so tief, dass wir den Brocken nicht sehen können. Als wir die Hunderunde beenden, erwischt uns beinahe noch ein starker Regenschauer, aber wir schaffen es rechtzeitig ins Auto. Dem Ladevorgang macht Regen übrigens nichts, alle Kabelverbindungen sind wasserdicht.

Etwa zwanzig Minuten nach Zwölf breche ich den Ladevorgang bei 99% wieder ab und schaue mal auf den Zähler an der Säule:

Zählerstand Ladesäule Torfhaus

Links 13 kWh, rechts 17 kWh – süß. Da bin ich wohl noch einer der ersten, die hier laden gekommen sind. Ich hatte die ZOE auf der rechten Seite angestöpselt und den Zählerstand mal eben mehr als verdoppelt. 🙂

Torfhaus – Elbingerode (Harz)

Auf geht’s über Braunlage, Elend und Königshütte nach Elbingerode (Harz).

Torfhaus - Elbingerode (Harz)

Das sind ungefähr 30 km und es geht ca. 350 Höhenmeter herunter.

Als ich am Torfhaus losfahre, zeigt ZOE eine Reichweite von 141 km an.

Gegen 12:50 Uhr komme ich in Elbingerode an – und ZOE zeigt immer noch eine Reichweite von 141 km an. 🙂 Das ist effiziente Energieausnutzung und -rückgewinnung. Sowas geht mit keinem Verbrennungsmotor.

Fahrprofil Torfhaus - Elbingerode (Harz)

Ich verbringe einen angenehmen Nachmittag bei meinen Verwandten. Natürlich sind Elektroautos ein Thema, über das wir reden. Wir machen auch eine Probefahrt: Einmal kurz nach Drei-Annen-Hohne und zurück, das sind ca. 10 km. Das lautlose Dahingleiten und die Beschleunigung aus dem Stand beeindrucken. Ich habe ja sowieso das Elektromobilistenlächeln im Gesicht. 🙂

Gegen 18 Uhr mache ich mich auf den Heimweg. Eigentlich hatte ich vor, nochmal kurz in Ilsenburg vorbeizufahren, um die neue Ladesäule am Landhaus Rothe Forellen zu fotografieren. Aber dann habe ich doch keine Lust dazu, will lieber schnell nach Hause kommen.

Ich fahre über Wernigerode auf die B6 und dann auf die A395 Richtung Braunschweig. In Wolfenbüttel will ich nochmal zwischenladen. Aber als ich dann auf der B6 bin und meine Restreichweite so anschaue… Spaßeshalber ändere ich die Routenplanung und gebe direkt mein Zuhause als nächstes Ziel ein – und siehe da, die Strecke ohne den Schlenker über Wolfenbüttel ist 10 km kürzer als meine Restreichweite!

Na das sollte doch mit meinen Erfahrungen aus Hilden gar kein Problem sein, zumal es ja auch immer noch herunter geht. Ich beschließe also, ohne weitere Zwischenladung direkt nach Hause zu fahren.

Getreu dem Motto: „Langsamer ist schneller” (weil ich dann keine Ladepause machen muss) stelle ich den Tempopiloten auf 90 km/h und gleite entspannt in den Abend. Ein heftiger Regenschauer auf Höhe Ilsenburg lässt mich doch mal öfter zur Reichweitenanzeige schauen, aber noch vor der Auffahrt auf die A395 bin ich da raus. Den Rest der Fahrt genieße ich einen leicht verschleierten Sonnenuntergang.

Elbingerode (Harz) - Benthe

Persönlicher Reichweitenrekord

Kurz nach 20 Uhr komme ich mit 13% SOC und einer Restreichweite von 21 km zu Hause an. Der Tageskilometerzähler, den ich am Torfhaus genullt habe, zeigt 172,6 km. Da hätte ich ja fast die 200 knacken können. 🙂

Display ZOE Ankunft Benthe

Ja, was so ein bisschen Gefälle ausmacht. 😉

Fahrprofil Elbingerode (Harz) - Benthe

Die nächste Ladung bekommt meine ZOE am Sonntag früh.

Hier noch das Ladeprotokoll der Tour:

Ladeprotokoll Harz-Tour

Fazit

Die neue Ladestation am Parkplatz Torfhaus ist an einem der höchsten befahrbaren Punkte des Harzes genial platziert. Von dort aus ist praktisch der ganze Harz elektrisch ohne Reichweitenverluste erreichbar. Es geht ja in alle Richtungen nur bergab. 🙂

HarzEnergie baut bereits die nächsten 22 kW-Ladestationen in Herzberg und Braunlage. Dann werden elektromobile Harz-Touren wirklich komfortabel. Der Ostharz zieht hoffentlich bald mal nach. Wernigerode?!