Amtlich

18.12.2015

Elektroautos: auch mit Strommix klimafreundlicher als Verbrenner

Neigt sich das Jahr dem Ende zu, neige ich offenbar dazu, mich gern mal zu wiederholen.

Heute wiederhole ich die Entkräftung des oft von Elektromobilitäts-Skeptikern vorgebrachten Arguments, Elektroautos seien in Deutschland wegen der ganzen Braunkohlekraftwerke (Strommix) ja wohl dreckiger als Verbrenner.

Falsch.

Erstens kann man Elektroautos mit echtem Ökostrom betreiben, entweder vom eigenen Dach oder von einem Ökostromanbieter, der nicht nur mit Zertifikaten schummelt. Dann lädt man 100% sauberen Strom und in der CO2-Bilanz schlägt nur noch die Herstellung und die Entsorgung des Fahrzeugs zu Buche. Die ist durch die Null-Emission beim Fahren aber sehr bald ausgeglichen.

Zweitens sind Elektroautos selbst unter Berücksichtigung des derzeitigen deutschen Strommixes klimafreundlicher als vergleichbare Verbrenner. Für alle Zweifler: Das ist jetzt sogar amtlich.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) weist in einer aktuellen Analyse „Wie klimafreundlich sind Elektroautos?” nach

„… dass E-Fahrzeuge selbst unter Berücksichtigung des derzeitigen deutschen Strommix klimafreundlicher sind als vergleichbare verbrennungsmotorische Fahrzeuge, auch solche mit Spritspartechniken.”

Bei dieser Analyse geht das BMUB von sehr konservativen Rahmenbedingungen aus:

  • keine Berücksichtigung der CO2-Obergrenzen des Emissionshandels
  • Einrechnung der Verluste zwischen Kraftwerk, Steckdose und Fahrzeugbatterie
  • Verwendung realer Energieverbräuche (Alltagstests auf der Straße)
  • Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus der Fahrzeuge, einschließlich Produktion, Betrieb und Entsorgung aller Fahrzeugkomponenten (inkl. Batterie)
  • Verzicht auf etwaige Gutschriften, z.B. aus einer Zweitverwendung der Batterie
  • Vergleich mit einem deutschen Verbrenner-Durchschnittsfahrzeug sowie mit einem aktuellen Modell aus dem Autohaus und ebenso mit einer Variante, bei der der Verbrennungsmotor über besondere Spritspartechnologien verfügt
  • Anrechnung von zunehmenden Emissionsminderungen bei Benzin und Diesel, vor allem aufgrund der Beimischung von Biokraftstoffen

Das BMUB kommt zu dem Fazit:

„Die Analyse der Klimabilanz eines Elektroautos, genauer gesagt der spezifischen klimarelevanten Emissionen pro Fahrzeugkilometer über die Fahrzeuglebensdauer, zeigt, dass die Treibhausgasemissionen eines batterieelektrischen Fahrzeugs (kurz: Elektroauto) selbst unter Berücksichtigung des deutschen Strommix geringer ausfallen als bei vergleichbaren Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren (verbrennungsmotorisches Fahrzeug), und das schon heute.”

CO2-Emissionen pro Fahrzeugkilometer im Lebenszyklus der Fahrzeuge in Abhängigkeit der Fahrzeugtechnik

(Quelle)

Die Klimabilanz von Elektroautos wird dabei immer besser, je grüner der Strommix wird. Jedes Kohlekraftwerk, das vom Netz geht, verbessert sofort die Klimabilanz aller schon fahrenden Elektroautos!

Noch Fragen, Kienzle?

Wasserstoff ???

02.12.2015

Sichtbares Wasserstoffspektrum
Sichtbares Wasserstoffspektrum (Jan Homann)

Die Mär vom angeblich umweltfreundlichen Wasserstoff-Antrieb hält sich hartnäckig.

Wenn man da nur flüchtig hinschaut, scheint Wasserstoff als Kraftstoff ja auch bestechende Vorteile zu bieten.

  • „Oh, da kommt ja nur Wasser raus!”
  • „Oh, man kann ein Wasserstoffauto in 5 Minuten betanken!”
  • „Oh, ein Wasserstoffauto hat 400-500km Reichweite!”

Ich habe ja vor über einem Jahr schonmal einen Beitrag „Brennstoffzellen für Autos?” geschrieben, in dem ich relativ ausführlich auf die Problematik eingegangen bin. Daher werde ich mich heute kürzer fassen. Vor allem aber will ich nochmal die wichtigste Frage stellen, nämlich die, die verblüffenderweise fast nie gestellt wird:

Woher kommt der Wasserstoff?

So viele Möglichkeiten gibt es da nämlich nicht, eigentlich sind es nur zwei:

  1. Wasserstoff wird per Dampfreformierung aus Erdgas (Methan) gewonnen.
  2. Wasserstoff wird per Elektrolyse aus (sauberem!) Wasser erzeugt.

Bei Methode 1 fällt genausoviel CO2 an wie bei der direkten Verbrennung des Methans. Keine wirklich gute Idee, wenn man Wasserstoff als klimafreundlichen Kraftstoff etablieren will. Da ist es technologisch erheblich einfacher, das Methan in Ottomotoren direkt zu verbrennen.

Methode 2 ist extrem energieintensiv: Für die Elektrolyse braucht man jede Menge elektrischen Strom. Also sind die nächsten wichtigen Fragen:

Woher kommt der Strom? Wieviel Strom braucht man? Wie effizient wird der Strom genutzt?

Weil die Wasserstofftechnologie viele technische Zwischenschritte erfordert, die bestenfalls jeweils einen Wirkungsgrad von 50-60% bei der Energieumwandlung aufweisen, fällt der Gesamtwirkungsgrad (als Produkt der Wirkungsgrade aller Teilprozesse) auf skandalöse 10-13%. Das heißt: von 100% eingesetzter Primärenergie gehen rund 90% verloren, bevor sie in Wasserstoffautos letztlich als Bewegungsenergie zur Verfügung steht.

90% Energieverschwendung kann ja trotzdem sinnvoll sein, wenn man dadurch klima- und gesundheitsschädliche Emissionen vermeidet – aber nur unter der Voraussetzung, dass saubere(!) Primärenergie im Überfluss zur Verfügung steht.

Steht sie das? Nein, und noch lange nicht.

Erst bei 100% umweltneutraler, erneuerbarer Energieerzeugung ohne fossile und radioaktive Energieträger und wenn man dann noch mehr Elektroenergie erzeugt als man verbraucht, kann man mal anfangen, darüber nachzudenken, was man mit der überschüssigen Energie noch alles anfangen könnte, statt sie ungenutzt zu lassen. Das wäre dann der Zeitpunkt für Wasserstoff als Kraftstoff im Mobilitätssektor. Aber dann ist diese Technologie längst obsolet.

Elektroautos sind besser

Bis wir im Überfluss erneuerbarer Energien schwelgen, ist es viel klüger, da um Größenordnungen effizienter (und damit umweltfreundlicher), Elektroenergie in Akkus zu speichern und in reinen Elektroautos in Mobilität umzusetzen. Es ist viel effizienter, es ist viel billiger, es ist technologisch viel einfacher umzusetzen. Nicht zuletzt die Kosten für die erforderliche Infrastruktur (Ladestationen) sind geradezu lächerlich gering im Vergleich zu der für Wasserstoffautos. Und 400-500km Reichweite haben wir bei preislich vergleichbaren Elektroautos längst zur Verfügung.

Bevor es soweit ist, dass wir 100% unserer Energie aus erneuerbaren Quellen produzieren, ist jede Energieverschwendung klimafeindlich. Eine Technologie wie den Wasserstoffantrieb, die 90% Energie verschwendet, ernsthaft als umweltfreundlich etablieren zu wollen, ist ein Skandal, der den Vergleich mit dem Abgasbetrug von VW nicht zu scheuen braucht.

Zum Weiterlesen:

Wernigerode revisited

04.11.2015

Vor über einem Jahr schrieb ich etwas zur damaligen Ladesituation in Wernigerode. Die war nicht so prickelnd.

Inzwischen hat sich etwas getan. Neue öffentliche Lademöglichkeiten sind zwar nicht hinzugekommen, aber ein ZOE-Fahrer aus Wernigerode berichtet mir, dass seine ZOE an den alten Siemens-Säulen der Stadtwerke ohne Probleme lädt. Mein Kontakt bei den Stadtwerken sagt, sie haben nichts an den Säulen verändert. Sollte etwa Renault die Fahrzeugsoftware aktualisiert haben? Da werd ich dieses Phänomen mal selbst in Augenschein nehmen und die Säulen mit meiner ZOE ausprobieren.

Laden in Wernigerode 2015, Klappe die erste

Anfang Oktober passt es und ich fahre auf dem Weg nach Elbingerode die Ladestation Am Eichberg in Hasserode an.

Die Stadtwerke haben sich inzwischen Gedanken gemacht, wie sie Durchreisenden, die keine Ladekarte der Stw. WR haben, das Laden ermöglichen können, ohne dass immer ein Techniker rausfahren muss. Und sie haben eine, wie ich finde, sehr praktikable Lösung gefunden:

Karte im Safe

Ladekarten-Safe

Neben der Ladesäule ist ein kleiner Schlüsselsafe angebracht, in dem eine Ladekarte hinterlegt ist. (Nein, die Kombination verrate ich hier nicht, dazu bitte die Stadtwerke WR anrufen.)

Kombination einstellen, Safe öffnen, Ladekarte entnehmen, Säule freischalten, nach Ladeende die Karte wieder in den Safe legen, schließen, fertig.

Ich habe außerdem einen Tipp bekommen, dass sich die beiden Stadtwerke-Säulen in WR mit dem PlugSurfing-Schlüsselanhänger freischalten lassen.

Das probiere ich als erstes aus, und tatsächlich, die Säule akzeptiert meinen PlugSurfing-Schlüsselanhänger und gibt erstmal die Klappe frei.

Leider ist das Display in der Sonne so gut wie nicht ablesbar. Ich versuche es mit meinen Händen abzuschatten und entziffere mit großer Mühe die Meldungen. Dafür gibt’s schonmal Punktabzug.

Prüfung läuft

Ich folge den Anweisungen, verbinde ZOE und Säule mit meinem Ladekabel, dann… ZOE-Display zeigt „Prüfung läuft…”. Säulen-Display zeigt etwas wie „Warte auf Fahrzeug…”

Nachdem ich mir das ein paar Minuten abwechselnd angeschaut habe, unterbreche ich den (nicht stattfindenden) Ladevorgang am Auto und ziehe das Kabel vorn ab. Nun gibt aber die Säule das andere Ende nicht frei! Die Klappe lässt sich nicht öffnen und im Display steht weiterhin die Wartemeldung. Super blöd. Ich versuche, mit meinem PS-Anhänger an der Säule irgendeine Reaktion zu bewirken, aber leider erfolglos. So muss ich am Feiertag leider einen Wartungstechniker rufen.

Befreiungsaktion

Immerhin kommt der erfreulich schnell. Wir probieren dann wild herum. Teilerfolg hat folgende Vorgehensweise: Ich stecke das andere Kabelende nochmal in die ZOE, warte einen Moment und kann dann mit dem Schlüsselanhänger an der Säule den Ladevorgang einen Schritt weiter anstoßen. Ein Schütz klackt in der Säule, dann bricht der Ladevorgang sofort wieder ab. Anschließend kann ich immerhin mein Kabel aus der Säule befreien.

Das reproduzieren wir dann genau so noch einmal. (Damit der Ladevorgang überhaupt startet, muss man erst das Kabel in die Säule und dann ins Auto stecken, nicht andersherum.)

Es ist genau das Verhalten, das Forenmitglied „dibu” im letzten Jahr ertestet und beschrieben hat: Die Ladung startet und bricht sofort ab. Die Erklärung der Stw war, dass der Anfangsladestrom, den die ZOE anfordert, über den Sicherheitseinstellungen der Säule liegt. Letztlich ein Softwareproblem, das man entweder auf Säulenseite (Siemens) oder fahrzeugseitig (Renault) lösen muss. Hat sich hier anscheinend doch noch immer nichts getan?

Aber warum klappt es dann bei „E-starter”, dem ZOE-Fahrer aus Wernigerode? Was ist bei seiner ZOE anders als bei meiner?

Ich breche an dieser Stelle erst einmal ab. Bin froh, dass ich wenigstens mein Ladekabel befreien konnte. Zum Glück ist mein Akku noch voll genug, um mein Tagesziel zu erreichen.

Wieder zu Hause, nehme ich Kontakt zu „E-starter” auf. Er fährt bei nächster Gelegenheit zum Eichberg und… lädt dort ohne Probleme. Gibtsdochgarnich.

„E-starter” beschreibt mir genau, wie er vorgegangen ist, und anscheinend ist die Reihenfolge der einzelnen Schritte entscheidend. Erst das Kabel in die Säule, dann ins Auto.

Laden in Wernigerode 2015, Klappe die zweite

Neuer Versuch Anfang November. Gleiche Säule. Es ist ein herrlich sonniger Herbsttag, und ich will, während die ZOE (hoffentlich) gleich lädt, mit meiner Hündin den schönen Weg zur Himmelpforte hoch gehen.

Ich bin hochkonzentriert. Zuerst halte ich meinen PlugSurfing-Anhänger an das Display der Säule. Ablesen kann ich wegen der Sonne wieder kaum was, aber er wird akzeptiert. Die Klappe wird freigegeben und ich öffne sie.

Dann meine ich im Display lesen zu können „Ladekabel mit Säule verbinden.” Aha. Das hatte ich ja beim letzten Mal falsch gemacht, da hatte ich es erst ins Auto… Moment mal! Jetzt steht da plötzlich „Ladekabel mit Fahrzeug verbinden.” Ich hab noch gar nichts gemacht. Was denn nun? Die Anzeige wechselt wieder zu „Ladekabel mit Säule verbinden.” Dann wieder zu „Ladekabel mit Fahrzeug verbinden.” Ist es also doch egal? Aber anscheinend ja nicht?

Ich ignoriere das Display und folge lieber den Anweisungen von „E-starter”: Ladekabel erst in die Säule, dann ins Auto. So.

Nun zeigt die Säule „Warte auf Fahrzeug…” und ZOE zeigt „Prüfung läuft…”

Ich warte ein paar Minuten, aber das dauert schon wieder definitiv zu lange. Der Ladevorgang startet nicht.

OK. Ich breche die Ladung in der ZOE ab und ziehe den Stecker aus dem Auto. Nach ein paar Sekunden Denkpause stecke ich ihn wieder ein. Jetzt tut sich was, es wird kurz geprüft und dann höre ich in der Säule das Schütz klacken. Klack! – und aus. Nix Ladung. Aber keine Panik, „E-starter” meinte, kurz danach würde bei ihm die Ladung beginnen. Im Säulendisplay steht jetzt „Ladung pausiert…” Das würde passen. Ich warte eine Weile, aber die Ladung startet nicht. Hm.

In diesem Moment spricht mich ein älterer, sehr netter Herr an, der sich für Elektroautos interessiert. Er würde gern eins für seine Frau kaufen. Wir reden an die 15 Minuten. Als er sich verabschiedet hat und ich in die ZOE blicke, ist sie eingeschlafen. Das Display ist aus. Im Säulendisplay steht immer noch „Ladung pausiert…”

Ich wecke die ZOE durch Betätigen des Startknopfs auf. Was tut sich jetzt? Nix. „Ladung pausiert…”

Nun rufe ich „E-starter” an. Irgendwas habe ich wohl durcheinander gebracht. Kaum meldet er sich, höre ich auf einmal ein vertrautes Zirpen. Sollte etwa…? Tatsächlich: Jetzt lädt die ZOE! Endlich!

Sicherheitshalber warte ich noch zwei Minuten, aber der Ladevorgang scheint stabil.

Wir machen uns auf zu einem wunderschönen Herbstspaziergang.

Herbstspaziergang

Als wir wieder an der Säule ankommen, ist ZOE bei 99%. Prima, das sollte dann bis nach Hause reichen. Ich beende die Ladung am Auto, und die Ladesäule gibt anschließend anstandslos das Ladekabel frei.

Fazit

Es funktioniert. Aber. So umständlich habe ich noch nirgends sonst geladen. 15 Minuten Wartezeit, bevor die Ladung überhaupt beginnt, sind eigentlich inakzeptabel. Es scheit jedoch sehr individuell zu sein. „E-starter” hat dieses Problem offenbar nicht, und andere E-Autos als ZOE haben es anscheinend auch nicht. Nur ich vielleicht?

Darlingerode

Um mich ein wenig aufzumuntern, fahre ich auf dem Heimweg über Darlingerode (5km von WR entfernt Richtung Ilsenburg). Hier gibt es ganz neu einen von Carsten Einsiedel betriebenen privaten 22kW-Ladepunkt, der auch Ladegästen zur Verfügung steht.

Ich muss dort heute zwar nicht laden, aber bin neugierig, wer da aus privatem Engagement eine weitere Oase in der Ladewüste geschaffen hat.

Leider ist niemand zu Hause, aber der Ladepunkt ist das reinste Vorbild!

Ladepunkt Darlingerode

In einem Carport hängt eine wallb-e home mit 1 x 22kW Typ 2 und 1 x Schukoanschluss. Eine verständlich und gut geschriebene Anleitung lässt eigentlich keine Fragen zum Ladeablauf offen. Mit Parkscheibe und farbigen Magneten wird die Verfügbarkeit bzw. der Eigenbedarf signalisiert. Bezahlt wird per Spende, und das sollte auch selbstverständlich sein.

Im hinteren Bereich des Carports lädt an einer eigenen Schukodose ein Twizy.

Ich hinterlasse eine Nachricht und freue mich sehr, hier künftig eine verlässliche Lademöglichkeit am nördlichen Harzrand nutzen zu können. Vielen Dank!

Warum geht das privat immer so einfach?