Demand Response – die Auswertung

08.08.2016

E-Autos als Stromspeicher und virtuelle Kraftwerke

Ich habe ja 2014-2015 am Feldversuch des Forschungsprojekts „Demand Response” teilgenommen.

Ende Februar 2016 hat enercity Hannover ein Video und eine Pressemeldung veröffentlicht, die die Projektergebnisse illustrieren. Beides sei an dieser Stelle nun nachgereicht.

Pressemeldung:

Das Ziel: Elektroautos systemstabilisierend ins Stromnetz einbinden und neue Geschäftsmodelle hierzu entwickeln.

Was letztendlich realisierbar ist, hängt vor allem vom Ladeverhalten ab.

Ergebnisse hierzu liefert das enercity-Forschungsprojekt „Demand Response – das Auto als aktiver Speicher und virtuelles Kraftwerk” im Niedersächsischen Schaufenster Elektromobilität. Insgesamt 40 Fahrzeuge standen im Praxistest mit eigens entwickelten intelligenten Ladeboxen, davon 30 unterschiedliche Elektroautos privater und gewerblicher Herkunft sowie 10 VW e-up! aus dem enercity-Fuhrpark. Ende des Jahres 2015 war der Feldversuch beendet und bietet Grundlagen für den Ausbau der E-Mobilität.

„Unser Projekt zeigt, dass die angebotenen und erprobten Lademodelle einfach handhabbar sind, in die Alltagsabläufe passen und eine hohe Flexibilität aufweisen. Positiv zu bewerten ist, dass rund 90% des Energiebedarfs flexibel geladen wurden und so die Stromnetze stabilisiert und entlastet werden könnten. Die ersten Auswertungen bestätigen eine große Nutzerakzeptanz für netzgesteuertes Laden“, bewertet Projektleiter Matthias Röhrig, der als enercity-Abteilungsleiter für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle verantwortlich ist, die Praxistests.

Das Ladeverhalten der Testgruppe im Raum Hannover, Nienburg und Salzgitter betrachtete das Projekt unter vier verschiedenen Bedingungen. Dazu wurde in jeder Phase ein weiterer Lademodus aktiviert, zwischen denen die Nutzer wählen konnten:

  • beliebiges Laden (Referenzphase 1)
  • Laden zu definierten Zeitfenstern (Phase 2: Ladezeiten von 23 – 7 Uhr oder 11 – 15 Uhr) sowie
  • Laden von Strom gemäß Einspeisung durch Erneuerbare (Phase 3: garantierte 3 Stunden Ladezeit zwischen 0 und 6 Uhr, zusätzliche variable Ladezeiten je nach Wetterprognose)
  • stromnetzgeführtes Laden oder Ausspeisen von Strom (Phase 4: flexible Ladezeiten innerhalb der gewählten Mindestanschlusszeit von 6 h sowie Bereitschaft zum Entladen)

Ungesteuertes Laden erhöht Lastspitzen im Stromnetz

Die erste 18-wöchige Referenzphase zeigte, wie alle gewohnheitsmäßig luden. Die häufigsten Ladezeitpunkte lagen in der höchste Stromnachfrage des Tages, zwischen 18 und 20 Uhr. Das ungesteuerte Laden von zukünftig massenhaft eingesetzten E-Fahrzeugen würde zu noch höheren Lastspitzen, besonders in den Abendstunden führen. Die Grundidee des Projekts, das Laden von E-Autos stromnetzstabilisierend zu steuern, erwies sich deshalb als dringlich.

Bereits der erste Steuerungsansatz, die Vorgabe definierter Zeitfenster in der Phase 2, war erfolgversprechend. Bei den 40 Probanden erfolgte eine deutliche Lastverschiebung in Richtung späterer Stunden, in der sich die Gesamtlastkurve im Stromnetz wieder auf Talfahrt befindet.

E-Autos als Baustein der Energiewende

Die zunächst statischen Zeitfenster berücksichtigten noch nicht das willkürliche Aufkommen von Wind- und Solarstrom. Die netzseitig vorgegebenen variablen Zeitfenster beim flexiblen Lademodus waren der nächste Schritt. Aber werden die Nutzer hier mitmachen? Akzeptieren sie die flexibel vorgegebenen Ladezeiten? Aber auch hier machten über zwei Drittel der Probanden gut mit. Über 90 % der Ladevorgänge wurden in flexible Zeiten verschoben. „Das konkrete Wahlverhalten im Projektverlauf zeigte, dass gesteuerte Ladezeiten alltagstauglich sind“, so Röhrig.

Hauptmotivation, die Ladeprogramme zu nutzen, war das hohe Umweltengagement der Nutzer. Insbesondere wurde das Lademodell bevorzugt, das in Zeiten hoher Stromeinspeisung durch Erneuerbare aktiv wird. Die Ladevorgänge konnten so in diese Zeiten sowie in Nachtstunden mit geringer Stromnachfrage verlagert werden. Die meisten Teilnehmer schätzten die Ladeprogramme als sinnvoll, innovativ und zukunftsfähig ein.

Das flexible Laden war so gut möglich, weil nur ein Fünftel der Tester an Werktagen eine Akkuladung von 80% oder mehr benötigen. Die Hälfte kam für ihre Alltagswege mit der halben Akkuladung aus. Durchschnittlich wurde nur an jedem zweiten Tag geladen. Während die Akzeptanz unter der Woche sehr hoch war, dominierte am Wochenende ein höherer Wunsch nach individueller Lade-Sicherheit. Es sollten in der Freizeit alle Optionen offen bleiben, obwohl die Messergebnisse zeigen, dass der tatsächliche Bedarf geringer ist. Außerdem fiel auf, dass sich die Einstellung der Teilnehmer während des Feldversuchs veränderte. Nach dem Feldversuch herrschte insgesamt ein geringerer Kontrollwunsch über den Ladevorgang.

Am Ende des Projekts wurde getestet, wie sich Elektrofahrzeuge in virtuellen Kraftwerken nützlich machen können. Die Nutzer gaben die geplante Abfahrtszeit ein, zu der das Fahrzeug geladen sein sollte. Während der mehrere Stunden umfassenden Standzeit des Autos kann so schwankende Erzeugung oder Nachfrage durch das Laden oder Entladen ausgeglichen werden.

Hier die detaillierten Projektergebnisse als PDF-Datei (3,5MB):
Abschlussbericht Demand Response – Schaufenster E-Mob.

Hintergrundinformationen zum Projekt „Demand Response”

Das Projekt „Demand Response – das Auto als aktiver Speicher und virtuelles Kraftwerk” wird im Rahmen des Schaufensters Elektromobilität von der Bundesregierung gefördert. Träger des Projekts ist die enercity Contracting GmbH. Bei dem Forschungsvorhaben untersucht die enercity zusammen mit der Leibniz Uni Hannover (Institut für Energieversorgung und Hochspannungstechnik) und dem Institut für Transportation Design aus Braunschweig die Randbedingungen und Möglichkeiten einer Integration von Elektrofahrzeugen in die bestehenden energiewirtschaftlichen Systeme. Ziel ist die Entwicklung von marktfähigen Geschäftsmodellen, die das Nutzerverhalten so steuern, dass Elektromobilität einen nennenswerten Beitrag zur Stabilisierung des energiewirtschaftlichen Gesamtsystems liefern kann. Bei insgesamt 40 Elektrofahrzeugen wird das Ladeverhalten der Nutzer untersucht. Dazu wurde eine CarConnectBox (CCB) entwickelt, mit der die Ladevorgänge aufgezeichnet und gesteuert werden können. Nachdem die an 40 Stellplätzen installiert worden war, startete der Elektroauto-Ladeversuch bei enercity am Dienstag, den 27. Mai 2014. Neben 30 unterschiedlichen Elektroautos privater und gewerblicher Herkunft nehmen auch 10 VW e-up! aus dem enercity-Fuhrpark an dem Feldversuch teil.

Das Projekt „Demand Response” ist eines von rund 30 Projekten im Schaufenster Elektromobilität der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg. Es wird mit rund 640.000 Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft im Rahmen der Schaufensterinitiative der Bundesregierung gefördert.

Die Bundesregierung hat im April 2012 vier Regionen in Deutschland als „Schaufenster Elektromobilität” ausgewählt und fördert hier auf Beschluss des Deutschen Bundestags die Forschung und Entwicklung von alternativen Antrieben. Insgesamt stellt der Bund für das Schaufensterprogramm Fördermittel in Höhe von 180 Millionen Euro bereit. In den groß angelegten regionalen Demonstrations- und Pilotvorhaben wird Elektromobilität an der Schnittstelle von Energiesystem, Fahrzeug und Verkehrssystem erprobt.

Hintergrundinformationen zur CarConnectBox (CCB)

Demand Response Titelbild
(Bildquelle: enercity)

Die CarConnectBox stellt als sogenannte Wallbox die Schnittstelle zwischen Elektrofahrzeug und dem Stromnetz dar. Über sie wird die Fahrzeugbatterie mit einer standardisierten Steckverbindung geladen. Darüber hinaus bindet die CarConnectBox den Fahrzeugnutzer in das Projekt ein und ermöglicht die Auswertung und Fernsteuerung der Ladevorgänge durch die Leitwarte. Dafür ist sie zum einen mit entsprechender Messtechnik und zum anderen mit einer Mobilfunkverbindung ausgerüstet, die eine Kommunikation unabhängig von der Internetanbindung der Versuchsteilnehmer ermöglicht.

Speziell für die Typ-2-Ladesteckdose enthält sie Komponenten, die einen sicheren Ablauf der Ladung gewährleisten. An diesem Anschluss der CarConnectBox ist eine Ladeleistung bis 22 kW bei geeigneter Auslegung der Hausinstallation und des Elektrofahrzeugs möglich. Über den Touchscreen wählt der Nutzer das gewünschte Ladeprogramm und erhält Informationen über den Ladevorgang. Neben der aktuellen Ladeleistung wird hier auch der Energieverbrauch des aktuellen und des letzten Ladevorgangs dargestellt.

Die CarConnectBox sowie die Leitwarte des Projekts wurden am Fachgebiet Elektrische Energieversorgung des Instituts für Energieversorgung und Hochspannungstechnik (IEH) an der Leibniz Universität Hannover in Kooperation mit den Projektpartnern entwickelt. Auch Studierende des Instituts haben hier engagiert mitgewirkt und den gesamten Vorgang von der Planung bis zur Testphase begleitet. Nach der Entwicklung des Prototypen wurden die 40 CarConnectBoxen durch Auszubildende in der Ausbildungswerkstatt von enercity gebaut.

(Textquelle: Presseinfo enercity)

Preisausschreiben!

22.07.2016

Ich bin am Verdursten. Brauche jetzt ganz dringend was zu trinken. Ich gehe in den nächsten Supermarkt und dort direkt zum Wasserregal. Es gibt nur eine Sorte, aber egal, Wasser ist Wasser. Was kostet es denn? Kein Preisschild am Regal, kein Klebi auf den Flaschen. Hm.

Zum Glück hab ich die passende Supermarkt-Ketten-App auf meinem Handy, da schaue ich halt da mal nach, was das Wasser hier kostet. Der Supermarkt wird zwar schnell gefunden, aber die App zeigt für Wasser hier keinen Preis an. Hm.

Ich schnappe mir eine große Flasche und gehe zur Kasse. Zahlen geht hier nur mit Kundenkarte, aber zum Glück hab ich ja eine. Auch die Kasse zeigt keinen Preis an. Die Kassiererin sagt, das sei kein Grund zur Beunruhigung, ich könne die Flasche trotzdem jetzt mitnehmen – die Kosten würden später über die Kundenkarte per Lastschrift abgebucht. Schön und gut, erwidere ich, aber wieviel wird es denn dann sein? Achselzucken.

Nee nee, das ist mir zu unsicher. Ich stelle die Flasche wieder zurück und suche mir einen anderen Supermarkt. Zum Glück gibt es einen in der Nähe. Aber auch hier: kein Preis am Regal. Hm.

Zum Glück hab ich die passende Supermarkt-Ketten-App auf meinem Handy, da schaue ich halt da mal nach, was das Wasser hier kostet. Der Supermarkt wird schnell gefunden, und die App zeigt für Wasser hier tatsächlich einen Preis an. Na bitte, geht doch.

Aber Moment mal, die App sagt, der Preis gilt nicht per Liter, sondern richtet sich nach der Trinkdauer. Das Wasser kostet hier pro Sekunde Trinkvorgang. Trinke ich schnell, wird es also billiger, trinke ich langsam, wird es demnach teurer. Hä?

Zum Glück hab ich einen Riesendurst und einen großen Mund, also wäre ich in diesem Fall ganz gut bedient. Aber ein Freund von mir hat z.B. einen Geburtsfehler – einen sehr kleinen Mund – und kann Wasser daher nur mit einem dünnen Strohhalm trinken. Der wäre dann aber ganz schön im Nachteil.

Nee nee, das ist mir zu blöd. Ich stelle die Flasche wieder zurück und suche mir einen anderen Supermarkt. Zum Glück gibt es einen in der Nähe. Aber auch hier: kein Preis am Regal. Hm.

Zum Glück hab ich die passende Supermarkt-Ketten-App auf meinem Handy, da schaue ich halt da mal nach, was das Wasser hier kostet. Der Supermarkt wird schnell gefunden, und die App zeigt für Wasser hier tatsächlich einen Preis an. Ich schaue ganz genau hin: Der Preis gilt per Liter. Na bitte, geht doch.

An der Kasse das gleiche Spiel wie beim ersten Supermarkt: Zahlen geht nur mit Kundenkarte, aber zum Glück hab ich ja eine. Die Kasse zeigt keinen Preis an. Die Kassiererin sagt, das sei kein Grund zur Beunruhigung, ich könne die Flasche trotzdem jetzt mitnehmen – die Kosten würden später über die Kundenkarte per Lastschrift abgebucht. Da ich ja nun weiß, wieviel das sein wird, lasse ich mich darauf ein.

Endlich kann ich meinen Durst stillen. Ah.

3 Monate später bekomme ich eine Rechnung von der Supermarkt-Kette. In dieser Rechnung ist der Kauf der Wasserflasche korrekt mit Ort, Datum und Uhrzeit aufgelistet – aber der Preis scheint mir ein anderer, als ich ihn in Erinnerung habe. Die Abweichung ist zwar nicht groß, aber dennoch da. Hm.

Ich schaue nochmal in die App und bekomme denselben Preis angezeigt wie damals. Der Preis auf der Rechnung ist aber ein anderer. Hm.

Ich kontaktiere die Supermarkt-Kette. Und bekomme zur Antwort:

Die Preise für Trinkvorgänge sind basiert auf Informationen, die wir (und auch alle anderen Supermärkte) von den verschiedenen Wasserlieferanten empfangen. Leider ist diese Information nicht immer auf dem letzten Stand oder – in manchen Fällen – nicht verfügbar. Wir können daher leider im Moment nicht garantieren, dass die Preise für Trinkvorgänge in allen Supermärkten stimmen.


Total Banane, oder?

Leider sind genau diese Szenarien im Jahr 2016 traurige Realität bei der Abrechnung des Ladestroms an vielen (nicht allen) öffentlichen Ladestationen:

  • An der Ladestation selbst bekommt man keine Preisinformationen.
  • Ladestrom wird oft pro Minute statt pro kWh abgerechnet. Schnelllader zahlen dann für die gleiche Abnahmemenge viel weniger als Besitzer von Elektroautos ohne Schnelllademöglichkeit. Langsamlader berappen an solchen Ladestationen schonmal umgerechnet über 1 € pro kWh.
  • In den Apps der Ladestrom-Abrechnungs-Dienstleister werden für viele Ladestationen von Roaming-Partnern entweder gar keine oder falsche Preise angezeigt, so dass man sich darauf nicht verlassen kann.

Selbst wenn man sich vor einem Ladevorgang im Netz oder per App über die zu erwartenden Preise und Abrechnungsmodalitäten informiert, heißt das also gar nichts.

Ich finde das skandalös. Überall sonst setzt man sich einem erheblichen Abmahnrisiko aus, wenn man einem Kunden Preise für Waren oder Dienstleistungen nicht vor dem Kauf eindeutig und verbindlich zur Kenntnis bringt.

Daran ändert auch das bei festgestellten Preisabweichungen sehr kulante Verhalten einiger Abrechnungs-Dienstleister nichts, die in diesen Fällen „vorübergehend” keine Kosten berechnen. Das ist fair, aber eine korrekte Abrechnung wäre fairer.

Macht das Elektromobilität attraktiv? Sicher nicht. Noch dreieinhalb Jahre bis zur Million. Wer’s glaubt.

Frei Parken

06.07.2016

In Hannover dürfen Elektroautos seit dem 25. März 2016 gebührenfrei auf öffentlichen Stellplätzen parken. Die Parkautomaten sind mit entsprechenden Hinweis-Aufklebern versehen worden.

Voraussetzung ist, dass das Fahrzeug ein E-Kennzeichen hat. Man muss natürlich die Höchstparkdauer beachten und deshalb eine Parkscheibe auslegen.

Spart man da nun viel Geld? Kommt drauf an. Erstmal muss ja überhaupt ein freier Parkplatz gefunden werden. Aber wenn man das Glück hat, ist es vor allem sehr bequem, das Auto einfach verlassen zu können und nicht extra zum Parkautomaten latschen zu müssen.

ZOE parkt kostenfrei in Hannover

Natürlich regen sich die üblichen Verdächtigen über dieses Privileg von Elektroautofahrern auf. Sie atmen wahrscheinlich lieber weiter Stickoxide und lungengängige Feinstaubpartikel ein…

Die Regelung gilt erst einmal bis zum 20.12.2020.

Achtung: Der Bereich der Herrenhäuser Gärten ist vom kostenlosen Parken ausgenommen.