Im Mai 2017 ist wieder eine ZOE-Inspektion fällig, bei rund 41.500km. Der „Reinluftfilter“ wird getauscht und die Bremsflüssigkeit.
Die Werkstatt stellt außerdem fest, dass das linke vordere Traggelenk erneuert werden muss. Dazu ist ein Aus- und Einbau des Querlenkers erforderlich.
Möglicherweise wirkt es sich hier aus, dass ich immer mit 3bar auf den Reifen herumfahre. Das mache ich, um den Rollwiderstand zu verringern, dadurch den Energieverbrauch zu senken und dadurch wiederum die Reichweite etwas zu erhöhen. Aber wenn ich mir die 151,26 € netto da auf der Rechnung anschaue, überlege ich, ob die paar herausgeholten Kilometer den vorzeitigen Verschleiß des Traggelenks jemals kompensieren können.
Vielleicht lasse ich doch wieder etwas Luft ab, das erhöht auch den Fahrkomfort etwas. Wegen des in den letzten Jahren erfreulich engmaschiger gewordenen Netzes an Ladestationen komme ich unterwegs kaum noch mit Restreichweiten unter 20km an einer an. Also bin ich lieber etwas weicher und mit künftig hoffentlich länger haltenden Traggelenken unterwegs.
Austausch der Rhombe
Die prominente Renault-Rhombe vorn auf der Ladeklappe ist bei den „alten“ ZOEs blau. Sieht aus wie wenn da noch Schutzfolie auf dem Chrom wäre. Diese blaue Beschichtung lässt sich aber nicht abziehen, sondern haftet sehr dünn und sehr fest auf dem Chrom darunter. Im Laufe der Zeit beginnt diese Beschichtung jedoch erst Risse zu bilden und sich dann stückweise abzulösen, wobei die blauen Reste hässlich und hartnäckig haften bleiben.
Ein Chrom-Logo ohne blaue Reste wäre jetzt für mich kein Grund, nicht mehr in die ZOE einzusteigen. Ein, zwei Mal probiere ich, die verbliebene Beschichtung irgendwie abzuzupfen – ohne Erfolg.
Nun ist meine Garantie leider schon abgelaufen (sonst hätte ich die Rhombe auf Garantie tauschen lassen), aber ich habe läuten hören, dass Renault sich hier möglicherweise kulant zeigt und die Kosten für eine neue Rhombe übernimmt. (Kostet übrigens stolze 49,73 € netto, dieses schlichte Teil.) Warum auch nicht – ist ja schließlich ihr Logo, und wenn das abgewrackt aussieht, spricht das nicht unbedingt für Qualitätsarbeit und fällt auf die Marke insgesamt zurück.
Also sage ich in der Werkstatt, als ich die ZOE zur Inspektion abgebe, sie sollen die Rhombe vorn tauschen, sofern sie direkt eine neue da haben. Ich rechne eigentlich mit einer unbeschichteten, aber als ich meine ZOE abhole, prangt vorn eine neue blaue Rhombe. Na OK, aber mal sehen, wie die in 2 Jahren aussieht.
Aus- und Einbau der Stoßstange?
Leicht geschockt bin ich über die entsprechende Rechnungsposition. Angeblich war es für den Tausch der Rhombe erforderlich, die Stoßstange auszubauen:
So richtig seltsam kommt mir das erst vor, als ich wieder zu Hause bin. Ich schaue mir die Ladeklappenkonstruktion an und überlege, welche konstruktionstechnische Notwendigkeit bestehen könnte, für einen Rhombentausch die Stoßstange ausbauen zu müssen. Mir fällt keine ein.
Ich frage in der Werkstatt nach und bekomme zur Antwort
„laut Herstellervorgaben […] ist für den Austausch der Rhombe die Stoßstange zu demontieren.“
Was ist das denn für ein Schelmenstück?
Ich frage mal bei anderen Betroffenen nach, wir ZOE-Fahrer/innen sind ja gut vernetzt. Bei niemandem, der die Rhombe hat tauschen lassen, wurde dazu die Stoßstange ausgebaut. Wozu auch? Es geht ja ganz einfach:
1. Aufkleber in der Ladeklappe entfernen und die Schraube mit einem Torx-Schraubendreher T25 lösen:
2. Den kompletten Deckel kräftig nach rechts schieben:
3. Die 2 Schrauben auf der Rückseite des Deckels mit einem Torx-Schraubendreher T20 lösen:
4. Rhombe an den 4 markierten Stellen ausklipsen:
5. Fertig:
Jetzt das ganze wieder zusammenbauen.
Zeitbedarf (gestoppt): < 5 Minuten.
Aus blau mach Chrom
Und wer einfach nur die blauen Reste abbekommen will und mit einer blanken Rhombe zufrieden ist, kann durch abwechselndes Tauchen in Eiswasser und kochendes Wasser die blaue Folie problemlos entfernen. (Danke an „STEN“ für diesen Tipp!)
Vertrauensfrage
Ich war ja bislang immer sehr zufrieden mit der Qualität meiner Werkstatt und mit deren Service. Nun hat dieser gute Eindruck leider einen Riss bekommen, denn entweder hat der Kollege, der die Rhombe getauscht hat, keine Ahnung oder die Werkstatt hat mir vorsätzlich eine Leistung bzw. Arbeitszeit berechnet, die sie gar nicht erbracht bzw. benötigt hat. Beides ist unschön.
Und warum Renault offenbar tatsächlich vorgibt, dass bei einem Austausch der Rhombe die Stoßstange auszubauen ist, will ich gar nicht erst wissen. Die Antwort könnte mich beunruhigen.
Kulanz
Ich reiche die Rechnung bei Renault Deutschland ein und bitte um Kostenerstattung der Position „Eingriff C“. Schon am nächsten Tag werde ich von einer sehr netten Mitarbeiterin angerufen und mir wird unkompliziert eine Erstattung des größten Teils dieser Kosten zugesagt. Knapp 2 Wochen später ist das Geld tatsächlich auf meinem Konto.
Es ist mein vierter Winter mit dem Elektroauto ZOE. Kinder, wie die Zeit vergeht.
Reichweiteneinbruch
Dieser Winter ist irgendwie länger kälter als der vorige. Gefühlt zumindest. Wochenlanger Dauerfrost bei wenig Fahrten macht nicht nur der armen 12V-Batterie zu schaffen, auch die Reichweite geht mächtig in den Keller. Nach dem Vollladen zeigt das Display oft nur noch 85-95km an. In den drei Wintern davor waren es fast immer um die 120km.
Ebenfalls ungewöhnlich sind die mittlerweile extrem langen Ladezeiten von 99% auf 100%. Das sog. „Balancing“ dauert manchmal Stunden.
Hm. Fängt jetzt der Akku an zu schwächeln? Schon?
Kleine Akkukunde
Li-Ion-Akkus verlieren im Winter an Kapazität, weil die geringeren Temperaturen die Zellchemie ungünstig beeinflussen. Deshalb schwankt die Reichweite meiner ZOE (Q210 BJ 2013) zwischen 160km im Sommer und 120km im Winter. Auch das Laden geht im Winter bei kaltem Akku sehr gemächlich vonstatten.
Außerdem altern Akkus kalendarisch, also mit der Zeit. Im Laufe der Jahre verlieren sie an Kapazität. Isso, machste nix dran.
Trick 17
Renault hat sich etwas einfallen lassen, um das Fahrerlebnis in Bezug auf die Reichweite so lange wie möglich unbeeinträchtigt von der Akkualterung und dem damit schleichend einhergehenden Kapazitätsverlust zu lassen:
Es wird nicht die volle Akkukapazität zum Fahren freigegeben. Simple as that.
Das Batteriemanagementsystem (BMS) sorgt dafür, dass zu Beginn des Akkulebens in der ZOE von den 25.920Wh (laut Akku-Aufkleber) nur rund 22kWh für die Nutzung zur Verfügung stehen. Der Rest ist einerseits Puffer, um Überladung und Tiefentladung zu verhindern (angezeigte 100% SOC sind nicht wirklich 100%, und wenn die ZOE stehenbleibt, ist der Akku auch nicht wirklich schon ganz „leer“), und dient andererseits als Altersrückstellung.
Im Laufe der Jahre soll nun eigentlich die Software des BMS peu à peu etwas von dieser Reserve freigeben, um den Kapazitätsverlust durch die Alterung auszugleichen. Auf diese Weise würde man in den ersten 5 Jahren keine Reichweiteneinbußen bemerken. Erst, wenn der Puffer aufgebraucht ist, geht die Reichweite runter. Soweit die Theorie.
Jetzt könnte man darüber debattieren, ob es nicht ebenso sinnvoll wäre, die volle Akkukapazität von Anfang an freizugeben. Dann hätte man zwar kontinuierlichen Reichweitenverlust, aber in den ersten Jahren auch eine deutlich größere Reichweite. Egal, die Renault-Ingenieure haben anders entschieden.
Aber warum bricht dann die Reichweite in diesem Winter so plötzlich und so stark ein? Und offenbar nicht nur bei meiner ZOE?
Turns out it’s a bug, not a feature.
Renault, deine Software
Renault und Software, das sind zwei Dinge, die nur sehr bedingt miteinander auskommen. Ich sag nur R-Link und Website.
Software-Fehler im Batteriemanagementsystem (BMS)
Im Fall der plötzlichen Reichweitenverschlechterung und ausufernden Balancing-Zeiten liegt ein Software-Fehler im Batteriemanagementsystem (BMS) vor. Der Alterungsprozess des Akkus und in Folge dessen „Gesundheitszustand“ SOH wird falsch berechnet. Das BMS glaubt daher, der Akku hätte nur noch wenig Kapazität und lädt ihn nicht mehr so voll wie es eigentlich könnte und müsste. Ergo: weniger Reichweite.
CanZE-Check
Mittels CanZE lese ich die relevanten Werte meines Akkus aus:
Was sehen wir da: Die Summe aus verfügbarer Energie und „Energie bis voll“ (also die insgesamt nach Vollladung nutzbare Kapazität) beträgt nur noch 19,3 kWh (statt rund 22) und der SOH ist runter auf 85%.
BMS-Update
Renault hat auch geschnallt, dass da was nicht stimmen kann und stellt ein Update für das BMS Steuergerät bzw. einige seiner Komponenten bereit.
Aus der Antwort der Renault Österreich GmbH auf eine entsprechende Anfrage des Zoe Club Austria:
Softwareupdate Steuergeräte SOC 80% → 100%
Dieses Softwareupdate steht in der Tat zur Verfügung und kann, sofern das Fahrzeug nicht am letzten Stand ist, angewendet werden.
Dieses Update bezieht sich hauptsächlich auf das BMS (Batterie Management Steuergerät) & BMS safe Steuergerät, außerdem existiert eine Veröffentlichung (nur für unser Händlernetz) dieser technischen Maßnahme.
Im Gegensatz zu vielen Spekulationen in den „social media“, gibt Renault über die neue Software nicht einfach die volle Akkukapazität frei, sondern es wird die Kalkulation für die Berechnung der Akkukapazität korrigiert.
Dies bedeutet folgendes:
Wenn in der Vergangenheit eine nicht korrekte Kalkulation durch das BMS Steuergerät stattgefunden hat, bedeutete dies auch automatisch, dass das Steuergerät für den Ladevorgang von einer anderen Batteriekapazität (gealtert) ausgegangen ist und nicht mehr die volle Ladung zugelassen hat.
Die Schlussfolgerung ist, es ist weniger Ladung möglich (in KW und nicht ausgehen von der 100% Anzeige am Display), was auch weniger Reichweite bedeutet hat.
Dies wird mit dem Update jetzt korrigiert. Es empfiehlt sich im Rahmen des Updates, alle Steuergeräte des 400V Stromkreises kontrollieren und auf den neuesten Softwarestand programmieren zu lassen.
Achtung: auch hier gilt, dies ist keine Allround-Lösung für alle ZOEs, sondern muss fahrzeugspezifisch geprüft werden und sollte nur bei nachvollziehbarer Beanstandung zum Einsatz kommen. Ihre ZE-Werkstatt kann Auskunft darüber geben, ob ein Update möglich ist oder nicht.
OK, dann auf in die Werkstatt meines Vertrauens, zum Update.
Meine Stammwerkstatt gehört zu den wenigen mit echt Ahnung und elektromobilem Engagement. Da nehme ich auch 60km Anfahrtsweg in Kauf.
Ich rufe an, wir machen einen Termin, ich fahre hin. Muss gar nicht viel erklären, da das Problem und seine Lösungsmöglichkeit schon hinlänglich bekannt sind.
Das Update scheitert.
Grund: Die Steuergeräte können nur bei bestehender Onlineverbindung zu einem Renault-Server aktualisiert werden. Und genau diese Renault-Server sind offenbar so überlastet, dass die Verbindung abbricht und nicht wiederhergestellt werden kann. Tagelang nicht, wie sich herausstellt.
Jetzt sag mal, Renault! Wir haben 2017! Stellt euch da mal vernünftige Hardware hin und einen entsprechend dimensionierten Internetanschluss! Gibtsdochgarnicht.
Neuer Versuch eine Woche später. Diesmal klappt alles. Yeah Baby!
SOH: 98%
Ich schließe gleich mal CanZE an (neue Version, inzwischen auch in deutscher Sprache verfügbar) und schaue nach den neuen Werten für die „Batteriegesundheit“ SOH und die Energiesumme:
Die nun nutzbare Akkukapazität summiert sich auf 23,1 kWh, rund 1 kWh mehr als im Originalzustand und 3,8 kWh mehr als vor dem Update. SOH ist jetzt 98%. Na bitte!
Neben der Korrektur der Alterungsberechnung hat Renault also offenbar noch eine kWh aus der Reserve mehr spendiert. Somit zieht die alte Q210er ZOE kapazitätsmäßig mit der neueren R240 gleich.
Garantieleistung
Das Update war kostenlos im Rahmen der 5-Jahres-Garantie auf den Antriebsstrang und seine Komponenten. Meine normale Garantiezeit ist ja schon um, also hatte ich sicherheitshalber schon vorher gefragt. Ersatz-ZOE für 2 Tage ebenfalls kostenlos. Erwähnte ich schon, warum ich immer zu genau dieser Werkstatt fahre?
Versionsvergleich
Vor und nach dem Update checke ich mit CanZE auch die in meiner ZOE aktuell vorhandenen Software-Versionen der relevanten Module LBC (Lithium Battery Controller) und LBC2 (Lithium Battery Controller 2):
vor Update
nach Update
LBC
DiagVersion:
05
25
Supplier:
AE0
AE0
Soft:
0651
0852
Version:
0000
0000
LBC2
DiagVersion:
05
25
Supplier:
AE0
AE0
Soft:
0651
0853
Version:
0000
0000
Fazit
Das BMS-Update behebt die fehlerhafte Berechnung des Akkuzustandes und stellt die originale Reichweite wieder her, sogar mit einem kleinen Plus. Auch die für das Balancing (99%-100%) benötigte Zeit liegt wieder im normalen Bereich.
Mal sehen, wie das im Sommer wird. Heute früh bei 10°C hatte ich jedenfalls nach dem Vollladen:
Wir leben in einer Welt voller Informationen, die uns auf Displays aller Art präsentiert werden. Immer wieder unterliegen wir dabei der Täuschung, diese Informationen für die Realität zu halten, oder besser: für eine wahrheitsgetreue Visualisierung der ihnen zu Grunde liegenden Daten, von denen wir wiederum annehmen, sie wären eine präzise und korrekte Repräsentation der untersuchten oder gemessenen Phänomene der Welt.
Mentaler Sicherheitshinweis: Es wird gleich noch schlimmer. Ich bin irgendwie so philosophisch drauf heute. 😉
„Es steht ja so da, also muss es so sein.“ Dies ist die große Falle, in die wir regelmäßig tappen, wenn wir Informationen aufnehmen, denn so ticken wir einfach. Irgendetwas in unserem Geist ist so schlicht gestrickt, dass es förmlich danach giert, alles für wahr zu halten, was die Sinne ihm anliefern. Es bedarf konstanter mentaler Anstrengung, die eigene Wahrnehmung mit etwas innerem Abstand arbeiten zu lassen, damit wir ein bisschen Zeit gewinnen, um das, was wir wahrnehmen – was uns präsentiert wird – zu interpretieren.
Denn wir sehen immer nur die äußere Schale einer Zwiebel, die äußere Schicht eines Phänomens oder Vorgangs. Und wenn da was auf einem Display steht, glauben wir es zunächst mal. Dieser Glaube sollte spätestens seit Bekanntwerden des VW-Abgasbetrugs nachhaltig erschüttert sein. Ein Display zeigt nur an, was es anzeigen soll. Mit Realität kann das zu tun haben, muss aber nicht.
Schauen wir mal am (harmlosen) Beispiel des Ladestandes der ZOE, wie die Realität dahinter beschaffen ist.
Der Ladestand (SOC) als Zwiebel
Wenn die ZOE lädt, zeigt sie uns im Display den aktuellen Ladestand (SOC = State Of Charge) als visualisierten „Füllstand“ einer Rundzelle (links) und in Prozent (rechts):
Das ist anschaulich, aber falsch. Weder ist der Akku ein Gefäß, das mit einer Substanz befüllt wird, noch stimmt die Prozentanzeige.
Beim Laden und Entladen finden im Akku komplexe elektrochemische Prozesse statt, die als messbaren Effekt die Zellspannung erhöhen bzw. verringern. Ein Akku ist „voll“, wenn die Zellspannung ein bestimmtes Maximum, und „leer“, wenn sie ein bestimmtes Minimum erreicht hat. Da wird nichts befüllt oder entleert.
Als Repräsentation des Ladestandes wäre daher eine Anzeige der Zellspannung technisch präziser. Aber das ist halt etwas sperrig. Den angezeigten Zahlenwert müssten wir erst interpretieren, das ist unserem Geist zu anstrengend. Und da wir hier keine superexakten Informationen über den Ladestand benötigen, sondern nur eine grobe Übersicht, tut es eine uns viel vertrautere Visualisierung, die auf einer Mengendarstellung basiert, auch. Sie erfüllt ihren Zweck an dieser Stelle sogar besser. Wir hantieren mit Gefäßen und darin befindlichen Flüssigkeiten seit tausenden von Jahren. Ein Blick, und wir wissen ungefähr, wieviel noch drin ist. Mit der Realität des Akku-Ladestandes hat das aber nur sehr indirekt zu tun. Das ist die erste Zwiebelschale. Gehen wir eine Schicht tiefer.
Prozente, Prozente
Daten und Werte können auf verschiedene Weise dargestellt und visualisiert werden. Die mehr oder weniger gefüllte Rundzelle im ZOE-Display stellt das sichtbare Endprodukt einer komplexen Mess- und Berechnungskette dar. Am Ende dieser Kette wird der aktuelle Ladezustand im Verhältnis zum möglichen Maximum („voll“) und Minimum („leer“) als Prozentwert ermittelt und als figürliche Darstellung ausgegeben.
Woher kommt aber der Prozentwert?
Ein Prozentwert ist immer relativ. Er kann nur sinnvoll interpretiert werden, wenn klar ist, worauf er sich bezieht. Erst einmal muss also definiert werden, was in diesem Fall Maximum und Minimum für Werte besitzen. Welche Zellspannung entspricht 100%, welche 0%? Sind das konstante Werte oder ändern sie sich je nach bestimmten Rahmenbedingungen wie z. B. Temperatur oder Alter? Und ist die Zellspannung der einzige Wert, der in die Berechnung des prozentualen Ladestandes einfließt? Darüber erfahren wir als ZOE-Besitzer nichts. Jedenfalls nicht aus den Displayanzeigen.
Müssen wir im Normalfall ja auch nicht unbedingt wissen.
Aber wer kennt sie nicht, die Phänomene, die bei Nerds das Verlangen nach Erklärung wecken? Wieso dauert das Laden von 99% auf 100% so viel länger als das Laden von beispielsweise 80% auf 90%?
Ganz einfach: Die im ZOE-Display angezeigten 99% sind gar keine 99%. Angezeigt werden 99%, um uns bei Laune zu halten. Der Akku ist derweil noch längst nicht zu 99% geladen, und weil die Ladeleistung gegen Ende stark reduziert wird, dauert es halt. Ein Algorithmus, von Programmierern erdacht und umgesetzt, bestimmt, aus welchen Messwerten des realen Akkuzustands welche Anzeigewerte berechnet und ausgegeben werden.
Kontextinfo: Wir wissen, dass das Batteriemanagementsystem (BMS) der ZOE nicht die gesamte Kapazität des Fahr-Akkus zur Benutzung frei gibt. „Oben“ und „unten“ gibt es Sicherheitsbereiche, die ein Überladen bzw. eine Tiefentladung verhindern und somit die Lebensdauer des Akkus verlängern sollen. Wenn ZOE 100% anzeigt, ist der Akku also nicht wirklich zu 100% geladen, sondern nur zu 100-x%, und wenn sie 0% anzeigen würde, wäre der Akku noch nicht wirklich „leer“.
Kommen wir noch eine Schicht tiefer? Yes. Aber nicht mit Bordmitteln.
OBD und CanZE
Moderne Autos haben ein On-Board-Diagnose-System (OBD), das alle möglichen Fahrzeugwerte und -parameter ausgeben kann. Über eine standardisierte Buchse zum CAN-Bus können Diagnosegeräte angeschlossen werden; mit Adaptern auch Computer und sogar Handys. Mit einer entsprechenden App kann man dann diverse Informationen abrufen und anzeigen. Diese sind viel detaillierter als die Infos, die man normalerweise in den Fahrzeugdisplays zu sehen bekommt. Logisch, ist ja auch für Fachleute gedacht.
Aus diesem Grund können eigentlich nur die Geräte der Fahrzeughersteller die Informationen aus dem OBD-System auslesen und interpretieren. Welche Daten da was bedeuten wird natürlich nicht offengelegt.
Nun haben sich einige begabte Programmierer, selbst begeisterte ZOE-Fahrer, mit unglaublichem Fleiß und enormer Ausdauer daran gemacht, die Informationen, die die OBD-Schnittstelle in Renaults Z.E.-Fahrzeugen ausgibt, zu analysieren. Reverse engineering, wenn man so will.
Herausgekommen ist die App CanZE, mit der man u. a. in der ZOE eine weitere Zwiebel-Informationsschicht erschließen kann. Was sagt das OBD beispielsweise zur aktuellen Ladeleistung, zum Ladestand, zur Zellspannung, zur Akku-Temperatur?
Die CanZE-App gibt es für Android und iOS und man kann sie über die entsprechenden Stores herunterladen und installieren. Bei mir läuft sie unter Android 5.1.1 auf einem Sony Xperia M2.
OBD-Adapter
Damit die App CanZE Verbindung mit dem OBD aufnehmen kann, benötigt man einen Adapter, der an die OBD-Buchse im Fahrzeug angesteckt wird und der per Bluetooth (oder WiFi) mit Handys oder Tablets kommunizieren kann.
Das CanZE-Team empfiehlt für die Android-App einen MaxiScan KW902 (ELM327), und so einen habe ich mir auch besorgt.
Kostet auf einschlägigen Aktionsplattformen rund 17,- €, auf einem bekannten Online-Marktplatz ca. 55,- €. (Achtung: 5,- €-Billigadapter funktionieren nicht!)
CanZE unter iOS benötigt einen OBD-Adapter mit WiFi-Fähigkeiten, z. B. den Vgate iCar 2 (ca. 20,- €).
Anschluss
Der OBD-Anschluss verbirgt sich in der ZOE in der Ablage unterhalb der Anschlüsse für die SD-Card und USB. Der Boden lässt sich mit einem spitzen Gegenstand leicht herausheben.
Der MaxiScan wird aufgesteckt (geht in der ZOE nur „falsch“ herum – die Beschriftung steht dann Kopf) und per Knopfdruck eingeschaltet.
Im Handy Bluetooth aktivieren und mit dem MaxiScan verbinden. Bei mir identifiziert sich das Gerät als „MaxiScan OBDII“. Beim Pairing muss man „1234“ eingeben.
Dann die App CanZE starten und – ganz wichtig – im Menü „Einstellungen“ (Schraubenschlüssel-Symbol) unter „Verbindung“ den MaxiScan auswählen.
Als Gerätetyp ggf. ELM327 und als Fahrzeug das richtige auswählen.
Dann die Änderungen speichern (grüner Haken) und danach sollte CanZE Verbindung mit dem Adapter herstellen können.
CanZE-Funktionen und Informationen
CanZE bietet zahlreiche Funktionen, die in drei Screens abgerufen werden können:
Ich lade an meiner mobilen Ladebox EVR3. Diese ist an eine CEE32-Dose angeschlossen und auf 13,8kW eingestellt.
Schauen wir uns an, was CanZE bzw. das OBD zum Ladestand zu sagen hat, wenn ZOE im Display 99% anzeigt (Hauptmenü, Button „Laden“):
Oben links: Offenbar signalisiert die EVR3 der ZOE nur 11,4kW mögliche Ladeleistung. (Das ist eine andere Zwiebelschale und bedarf einer gesonderten Interpretation…)
Oben rechts unter „Max. Batterie Ladung“ sehen wir den Wert, den das BMS der ZOE dem internen Umrichter („Lader“) als maximale Akzeptanz in diesem Moment vorgibt. Das sind gegen Ende der Ladung nur noch 2,1kW; die Ladeleistung ist also stark heruntergeregelt.
In der Mitte wird die gerade im Akku ankommende Gleichstromleistung (Energiemessung am Netzeingang) angezeigt. Die deckt sich meist mit der Max-Vorgabe des BMS.
„Verfügbare Reichweite“: Hier kann man schon während der Ladung sehen, wie weit die ZOE glaubt, mit dem aktuellen Ladestand fahren zu können. Im ZOE-Display erscheint diese Angabe erst beim Türöffnen nach Ladeende. (Nicht abschrecken lassen von den „nur“ 122km – es ist Winter, wir haben 5°C Außentemperatur und der Akku ist gerade mal 10°C warm. Da ist das schon ein guter Wert.)
Darunter wird es nochmal sehr interessant. „Nutzbarer Ladestatus“ ist das, was die ZOE auch im Display als SOC anzeigt (dort ganzzahlig gerundet). „Echter Ladestatus“ ist der Ladestatus, den das BMS intern ermittelt und als Grundlage für die Berechnung der max. zu akzeptierenden Ladeleistung heranzieht. (Ob dieser Ladestatus schon „echt“ ist, wissen wir nicht. Das ist eine weitere Zwiebelschale. Tiefer kommen wir jedoch mit CanZE nicht – die App kann nur anzeigen, was das OBD ausgibt.)
Wir sehen hier, dass, wenn die ZOE 99% anzeigt, sie auf der nächsttieferen Zwiebelschale erst bei rund 95% ist. Da geht also noch was, und deshalb dauert das Laden dann noch einige Zeit. Lohnt sich aber nur zu warten, wenn man wirklich knapp kalkuliert und die paar zusätzlichen km auf dem nächsten Streckenabschnitt noch benötigt.
Über den Laden-Button im Screen „Technische Informationen“ bekommen wir noch einige zusätzliche Angaben:
(Diesen Screenshot habe ich etwas später gemacht als den vorigen, daher sind die Werte „Nutzbarer Ladestatus“, „Echter Ladestatus“ und „Gleichstromleistung“ schon wieder etwas anders als oben.)
Interessant sind hier u. a. „Verfügbare Energie kWh“ und „Energie bis voll geladen (kWh)“. Die Summe dieser beiden Werte ergibt theoretisch die nutzbare Akku-Kapazität. Allerdings weiß ich nicht, wie verlässlich das ist, denn im Laufe einer Ladung steigert sich diese Summe. Auch hier gilt wieder: CanZE kann nur das anzeigen, was das OBD an Werten liefert. Wie diese Werte im OBD errechnet werden, wissen wir nicht. Da ist nochmal Raum für viele Zwiebelschalen. Dass die Software-Algorithmen, die daran beteiligt sind, auch falsche Werte liefern können, insbesondere was die Batteriegesundheit und den daraus errechneten Nutzungsbereich des Akkus betrifft, erleben wir gerade bei etlichen ZOEs der ersten Produktionsjahre. Ich werde darauf in einem späteren Artikel gesondert eingehen (Stichwort BMS-Update).
Ladegrafiken
CanZE erstellt auch Diagramme zum Ladeverlauf. Über den Button „Ladegrafiken“ im Tech-Info-Screen kann man sie aufrufen und z. B. eine komplette Ladung im Zeitverlauf verfolgen. Ich hatte nicht so viel Zeit und habe hier nur den Beginn meiner letzten Ladung aufgezeichnet:
Im Laufe dieser Ladung habe ich die Ladeleistung an meiner EVR3 von 11kW (8kW ankommend) auf 13,8kW (11kW ankommend) erhöht. Sieht man an dem Sprung in der Leistungskurve. Immerhin lädt die ZOE bei nur 4°C Akkutemperatur mit 11kW. Höher bin ich nicht gegangen. Wäre noch interessant gewesen, zu sehen, ab welcher Leistung sie dann abregelt.
(Die EVR3 hat offenbar ihre eigene Zwiebelschalenstruktur. Was man da einstellt, kommt halt auch nicht unbedingt raus.)
Heatmap
Die Akkutemperatur zu kennen ist gut, um abzuschätzen, ob man an einer Schnellladesäule überhaupt schnell laden kann. Mit ausgekühltem Akku an eine 43kW-Ladesäule zu fahren, bringt nix. ZOE wird diese Ladeleistung dann nicht annähernd abrufen.
CanZE kann eine Heatmap anzeigen, die einen groben Überblick über die Temperaturverteilung im Akku ermöglicht:
Das war schon gegen Ende der Ladung. In deren Verlauf stieg die Akkutemperatur von 4°C auf 10°C.
Nettes Nerd-Spielzeug
Na, neugierg geworden? CanZE kann noch viel mehr, aber ich spare mir hier weitere Ausführungen und überlasse es der individuellen Wissbegier meiner Leser/innen, selbst damit weiterzuexperimentieren.
Fazit:
Trau keiner Display-Anzeige, die du nicht selbst programmiert hast. 😉