Nach fest kommt ab

13.09.2016

Vor etwas über zwei Jahren war ich noch voller Elektroauto-Endorphine und Missionierungsdrang. Entsprechend habe ich damals meine ZOE mit Stickern und Folienbeschriftung praktisch zugeklebt. Ein besonderer Eyecatcher war Mr. Spock mit dem Spruch

I cannot see the logic in burning an ending supply of fossil fuels for mere transportation.

So sah es aus:

ZOE mit Spock-Sticker

Nachdem ich nun zwei Jahre lang an roten Ampeln im Rückspiegel die Mimik und Lippenbewegungen der hinter mir Stehenden beobachtet habe, bin ich zu dem Schluss gekommen: alles Kappes. Interessiert keinen.

Vielleicht ist die Sprachhürde zu hoch, oder es hapert generell mit dem Lesen (besonders von Verkehrszeichen, sehr gern hinsichtlich Tempolimits und Halteverboten), ich weiß es nicht.

Was hat mich damals motiviert? Ich schaue in mich rein, und was sehe ich da: mein Ego. Das wollte cool sein, hip sein, auf jeden Fall besonders sein (Mutter: „Der Junge war schon als Kind anders.“) – und natürlich die Welt retten. Daran ist nichts verkehrt! Aber mein Missionierungsdrang hat deutlich nachgelassen. Meine Liebste sagt immer:

Ziehen am Keimling fördert nicht das Wachstum.

Je länger ich lebe, desto besser verstehe ich das. Und was habe ich auch erwartet? Dass jeder, der meine gesammelten Heck-Statements liest, sofort ein Satori hat, auf die Knie fällt und von diesem Moment an nie wieder einen Verbrennungsmotor anlässt? 😉

Widerspruchsgeist, dienstbar gemacht

Weil ja derzeit 50 Jahre Star Trek gefeiert werden, folge ich meinem antizyklisch agierenden Widerspruchsgeist und entferne Spocky samt Spruch gerade jetzt von der Heckschürze meiner ZOE.

Na gut, das ist nicht der einzige Grund. Bald wird es wieder kalt, und die momentanen Temperaturen um die 30°C schaffen günstige Ausgangsbedingungen, um die Folie auch ohne Fön abzubekommen.

A propos 50 Jahre Star Trek. Da kommen Kindheitserinnerungen. Ich bin ja im Osten aufgewachsen. Zwar in der Nähe der Westgrenze, aber wir empfingen mit unserer Fernsehantenne auf dem Dachboden aus unerfindlichen technischen Gründen kein ZDF. Unsere Nachbarn hatten ZDF. Also bin ich als 7- oder 8-Jähriger immer zum „Raumschiff Enterprise“-Gucken zu unseren Nachbarn gegangen. Sowas war damals ganz normal – ich klingelte einfach und fragte, ob ich „Raumschiff Enterprise“ gucken könne. Dann saß ich bei unseren Nachbarn im Wohnzimmer vor dem Schwarzweiß-Fernseher und war eine halbe Stunde nicht mehr ansprechbar. Aber ich schweife ab. Wo war ich? Ach ja, beim Widerspruchsgeist.

Der Gedanke, das Heck meiner ZOE mal ein bisschen übersichtlicher zu gestalten, indem ich Spocky und seinen fiktiven Spruch wieder entferne, ist schon einige Wochen in meinem Geist präsent. Allein, da ist noch jemand präsent, und zwar gleich im Doppelpack: Faulheit und Trägheit. Boah, sagt die Faulheit, was ’ne Scheißarbeit das wird. Jeden Buchstaben mühsam einzeln abkratzen. Komm, sagt die Trägheit, lass lieber gemütlich auf’m Sofa abhängen und Schokolade essen. Der ganz normale Tamas-Zustand eben.

Und jetzt kommt ein genialer Trick, den ich neuerdings immer (öfter) anwende, wenn Faulheit und Trägheit mich von etwas abhalten wollen: Ich wecke meinen Widerspruchsgeist. Was, sagt der, ihr wollt mich von etwas abhalten? Lächerlich! Und ZACK! wird, was immer zu tun ist, angegangen. Wichtig ist, dass das sofort passiert. Sofort, in derselben Sekunde, musst du in die Handlung kommen, aufstehen, losgehen, es zu tun beginnen. Der Witz ist: Es funktioniert. Und je öfter ich so reagiere, desto leichter fällt es mir. Irgendwann wird, so hoffe ich, gar keine innere Auseinandersetzung mehr stattfinden müssen und Faulheit und Trägheit werden aus meinem Leben verschwunden sein. Bestimmt!

So, genug der Vorrede, jetzt mal konkret:

Die Folienschrift entfernen

Um Sticker, Aufkleber, Klebefolien wieder zu entfernen, ist Wärme hilfreich. Die macht den Kleber geschmeidig. Versuch bloß nicht, im Winter draußen eine Folienschrift vom Auto abzubekommen. Hab ich ein Mal gemacht. Der blanke Horror. Mit dem Stromverbrauch vom Fön hätte ich meine ZOE vermutlich vollladen können.

Deshalb nutze ich die Gunst des Wetters, parke ZOE den ganzen Tag mit dem Heck in der Sonne und setze mich am Abend mit Klapphocker, Getränk, Plastikkarte und Geduld vor Spocky und seinen Spruch.

Zum Ablösen der Ecken der Folienbuchstaben eignen sich Plastikkarten sehr gut. Sie haben relativ scharfe Kanten, sind aber weich genug, um keine Kratzer im Lack zu hinterlassen, wenn sie im richtigen Winkel angesetzt werden.

Da ja in letzter Zeit erfreulicherweise das Ladekarten-Roaming immer weiter um sich greift, kann man z.B. eine nicht mehr benötigte RFID-Ladekarte verwenden. Ich setze aber noch einen drauf und krame so lange in einer Schublade, bis ich eine alte Erdgas-Tankkarte gefunden habe. Die diente mir zwischen 2000 und 2010 dazu, meinen Multipla BiPower selig mit Erdgas zu befüllen. Nun darf sie Spocky von meinem Elektroauto kratzen helfen.

Ich will nichts beschönigen: das dauert. Die Folie ist sehr dünn. Nur selten kann ich die Ecke eines Buchstabens so gut anlösen, dass ich einen Zipfel packen und den Buchstaben relativ zügig abziehen kann. Am Stück schonmal gar nicht. Oft bleibt mir nur, den ganzen Buchstaben abzuschaben, Millimeter um Millimeter. Eine wunderbare Geduldsübung.

Folienschriftentfernung

Es dauert anderthalb Stunden, dann ist die Folie ab. Aber der Kleber ist größtenteils noch dran. Es sieht ziemlich krass und nach nochmal viel Arbeit aus:

Klebereste der Folienschrift

Klebereste Folienschrift Detail

Die Klebereste entfernen

Ich gehe erstmal rein, um im Internetz zu recherchieren, wie man die Klebereste am besten und möglichst schonend entfernt. Tausend Tipps buhlen um meine Aufmerksamkeit. Von Nitroverdünner bis Olivenöl ist alles dabei. Verdünner hab ich nicht, würde ich auch nicht nehmen (Lack und Verdünner, ein Traumpaar), Olivenöl… weiß nicht so recht. Schmiert das nicht? Was steht da noch? Orangenreiniger?

Sowas haben wir. Riecht gut. Das probiere ich mal.

Ich nehme einen Haushaltsschwamm, gieße vorsichtig so 1-2 Esslöffel Orangenreiniger drauf und befeuchte damit die Klebereste. Etwas einwirken lassen und dann abspülen stand in dem Tipp. Aber noch während ich mit dem Schwamm über die Silhouetten von Spocky und Schrift wische, sehe ich, wie diese verschwinden. Phänomenal!

Orangenreiniger hat Klebereste entfernt

Ich lasse den Orangenreiniger trotzdem noch 10 Minuten einwirken und wische dann mit einem sauberen Schwamm und klarem Wasser nach. Et voilà:

Zustand der Heckschürze nach Klebefolienentfernung

Perfekt sauber! Klebefolie rückstandsfrei entfernt!

Dif-tor heh smusma, Spocky!


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